Als ich mich für die Pädophilie entschied (The P-Word)

Satire kann ein machtvolles Werkzeug sein, einer Ungerechtigkeit ein wenig den Schmerz zu nehmen. Sie zur Lachnummer zu machen und gleichzeitig den Finger in die Wunde zu legen. Ihre Absurdität und die Doppelzüngigkeit derer aufzuzeigen, die sie verüben. Mit dem Text „When I Chose Pedophilia“ schreibt der/die anonyme Autor*in bei The P-Word witzig und spitz über die Absurdität der Idee, pädophil zu sein sei Wahl und nicht fest verdrahtet. Der Artikel erinnert an eine vor Jahren erschienene Satire: ein Interview mit einem Kleinkind, warum es sich entschieden habe, homosexuell zu werden.

Danke an Bly für die Erlaubnis die kurze Erzählung auf Deutsch zu übertragen.

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Als ich mich für die Pädophilie entschied

Wann hast du dich für deine sexuelle und/oder romantische Präferenzstruktur entschieden? Welche Alternativen hast du in Betracht gezogen? Hast du dich vorher beraten lassen? Warst du mit deiner Entscheidung zufrieden oder hast du sie später geändert?

Wissen Sie, diese Fragen oben... Ich glaube, die Leute stellen sie nicht oft genug.

Ja, ja, ich weiß, dass es peinlich ist, über sexuelle Gefühle zu sprechen, und weiß Gott, für Pädophile gilt das umso mehr. Für uns sind sie nicht nur peinlich, sondern auch mit viel Scham behaftet.

Doch bedenken Sie: wir haben uns diese Gefühle ja selbst ausgesucht, also müssen wir zu den Entscheidungen auch stehen, die wir auf dem Weg zum Pädophilen getroffen haben.

Deshalb möchte ich hier kurz ein Mal die Gründe zu erläutern, warum ich persönlich die Pädophilie als Sexualpräferenz wählte, damit dies auch andern verständlich wird, die sich für andere Optionen entschieden haben.

OK, ja, ich weiß. Mir ist bewusst, dass dies die Möglichkeiten meiner Mutter auf Enkelkinder stark einschränkt. Theoretisch nicht unbedingt, aber wenn man sich einmal als Pädophiler geoutet hat, ist es natürlich heikler, dann auf einmal mit einem Kind anzukommen.

Das Problem war jedoch, dass mich an gerade jenem Donnerstagnachmittag, als ich mich entschied, pädophil zu werden, mein kleiner Bruder sorichtig genervt hatte. Er nahm mir ständig meine Sachen weg, und in diesem Moment der Entscheidung konnte ich mir einfach nicht vorstellen, in Zukunft je wieder ein Kind im Haushalt zu haben. Elternschaft war da überhaupt kein Thema für mich.

Natürlich hatte ich zu diesem Zeitpunkt, mit 14 Jahren, noch nie in meinem Leben sexuelle Fantasien oder Gedanken gehabt. Wie hätte ich auch? Bevor man sich nicht bewusst für eine bestimmte Sexualität entscheidet, hat man ja keine sexuellen Gefühle. Das ist unmöglich, weil man zuvor einfach keine Sexualität hat. Das wissen wir alle.

Und das ist natürlich schwierig: man nicht sicher wissen, wie es sich anfühlen wird, bevor man seine Entscheidung getroffen hat. Und danach ist es natürlich zu spät.

Wie auch immer. Da saß ich also auf dem Spielplatz, wälzte die Optionen in meinem Kopf hin und her und versuchte, mich auch wirklich an alle zu erinnern. Wenn man sich nämlich die Informationen zu den verschiedenen Möglichkeiten tatsächlich ganz durchliest – um Himmels willen, das ist echt kompliziert! Der Sexualkundeunterricht vermittelt nicht wirklich das gesamte Spektrum. Es ist ziemlich offensichtlich, welche Optionen man wählen soll, denn genau darüber reden sie. Päophilie erwähnen sie aber nicht.

Also, man wählt natürlich aus, welches Geschlecht oder welche Geschlechter es sein sollen. Dieser Teil ist ehrlich gesagt einfach: ich komme mit Mädchen einfach nicht klar.

Aber dann gibt es noch all diese seltsamen Zusatzoptionen, die man hinzufügen kann, wie Körperform und Alter und welche Körperteile einen am meisten interessieren; und ob man Add-ons haben will, wie spezielle Kleidung oder ob bestimmte Musik im Hintergrund zu benötigen. Am Ende fühlte es sich wie eine stressige Hausaufgabe an, mir wurde schwindlig, ich las nicht mehr richtig mit und scrollte einfach durch die Menüs einer Choose-your-Attraction-App, die ich aus dem Internet heruntergeladen hatte. Manchmal bis ganz nach unten.

Die Sache ist die: die meisten Leute tippen einfach nur auf die Standardoptionen, wie „heterosexuell“, „junge Erwachsene“, überspringen die Kinks usw. Aber ich bin neugierig und vielleicht auch ein bisschen stur. Wenn es eine Option im Menü gibt, dann verdammt, warum ist sie dort, wenn nicht irgendjemand irgendwo sie schon irgendwann mal ausgewählt hat?

Und wie im Sexualkundeunterricht erklärt, bedeutet die Tatsache, dass man sich zunächst für eine Option entscheidet, nicht, dass man sie später nicht wieder ändern kann. Oder? Einfach durch eine neue Entscheidung. Easy.

Was ich mir also dachte: Erwachsene sind langweilig. Sogar einige der jüngeren. Sie glauben nicht an Spaß, sie verstehen meine Musik nicht, sie reden viel über den Immobilien und Autos, und sorry, das interessiert mich gerade alles echt nicht.

Also entschied ich mich in diesem Moment für die Pädophilie und wurde pädophil.

Mir war klar, dass mich das unbeliebt machen würde. Ich komme aber gut damit klar, unbeliebt zu sein. Was ich allerdings nicht ahnte, war, wie unbeliebt ich dann tatsächlich sein würde. Außerdem dachte ich, wenn ich niemandem von meiner Entscheidung erzählte, würde schon alles gut gehen.

Mir war schon vorher klar, dass ich als Pädophiler, wenn ich mir einen Sexualpartner suche, ins Gefängnis kommen und dort wahrscheinlich ermordet werden würde. Vielleicht hätte ich das bei meiner Entscheidung etwas stärker berücksichtigen sollen, aber Sie wissen ja, wie das ist, wenn man Teenager ist. Man tut alles, um aufzufallen.

Schwieriger zu erklären ist wohl, warum ich meine Meinung nicht einfach geändert habe, als mir das alles klar wurde.

Scheint doch offensichtlich, oder? Ich hätte einfach nur meine Augen schließen und mich fest entschließen müssen, dass ich statt kleiner Jungen lieber erwachsene Frauen mögen wollte.

Fragen Sie mich nicht, warum dieser Gedankengang meine Meinung nicht geändert hat. Ich weiß es ehrlich gesagt selbst nicht.

Ich glaube, ich genieße einfach die Frustration, die Heimlichtuerei und die Angst, entdeckt zu werden. Das hat mein Leben zu einem faszinierenden Spiel der Täuschung gemacht.

Wenn man es unter dem Gesichtspunkt wirklich als rationale Entscheidung betrachtet, wer würde dann nicht genauso entscheiden?

Liegt doch auf der Hand, oder?

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